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Abschlussbericht
über die "Sprayaktionen" vom Sommer 2000

Nach jahrelangen Bemühungen, den teilweise desolaten Zustand der zwei Bushaltestellenhäuschen in Niederrimsingen zu beenden, wurden diese im Frühsommer endlich frisch gestrichen. Doch es verging kaum eine Woche, und schon wurden sie von Unbekannten mit Sprühfarben verschmiert. Ebenso wurden die Fahrpläne, der Briefkasten am Rathaus, zwei Zigarettenautomaten und zwei Hinweisschilder bekritzelt.
Die Empörung der Bevölkerung war groß und verständlich. Es wurden Versuche der verschiedensten Art gestartet, um die Täter zu fassen: Verstärkter Einsatz von Polizeistreifen; die Bürger waren aufgerufen, ein wachsames Auge auf alles Verdächtige zu haben; ja es soll sogar ein Privatdetektiv engagiert worden sein...
Trotzdem vergingen die Tage ohne jeden Erfolg. Vermutungen wurden laut, Verdächtige geschaffen - kurz und gut, die Gerüchteküche kochte, doch man kam nicht weiter.

Auch ich unternahm verschiedene Versuche, in dieser Angelegenheit eine allgemein verträgliche Lösung herbeizuführen. So sprach ich Eltern an und bat sie, mit ihren Kindern zu sprechen und ihnen zuzureden sich zu melden - wenn sie dabei gewesen sein sollten - und wenn nicht, ihre Freunde diesbezüglich anzusprechen. In diesem Sinne regte ich auch den Start einer Initiative über das Internet an. Am 31. Juli nahmen drei Jugendliche dieses Angebot an. Gemeinsam erarbeiteten wir einige Seiten mit Bild- und Textbeiträgen, die die Jugendlichen selber verfassten. 

Das Thema befasste auch den Ortschaftsrat. In der Sitzung vom 2. August wurde unter Top 9.3 näher darauf eingegangen. Ortsvorsteher Erhard Bucher informierte über die bisher eingeleiteten Aktionen (verstärkten Einsatz von Polizeistreifen, Aufruf im nächsten Gemeindemitteilungsblatt usw.). Auf meinen Hinweis bezüglich der Internetinitiative wurde nicht weiter eingegangen.

Im Gemeindemitteilungsblatt Nr. 31 vom 3.08.00 erschien ein "Aufruf an alle Mitbürgerinnen und Mitbürger zur Aufklärung der Vorfälle".

Am selben Tag haben mich vier Jugendliche besucht. Wir haben ein langes und sehr ernstes Gespräch geführt, in dem die Jugendlichen erzählten, dass sie zusammen mit einigen Freunden an der Sprühaktion teilgenommen hätten. Sie drückten ihr Bedauern über ihre Vorgehensweise aus. Die damit ausgelösten Reaktionen und den angerichteten Sachschaden hätten sie nicht bedacht. Sie baten mich nach einer Möglichkeit zu suchen, den angerichteten Schaden wieder gut zu machen.

Am Abend besuchte ich den Ortsvorsteher und informierte ihn darüber. Er stellte die Möglichkeit einer dorfinternen Lösung in Aussicht, unter der Bedingung, dass die Jugendlichen bei ihm im Rathaus vorsprechen und die Beseitigung sämtlicher Schmierereien übernehmen.

Am darauf folgenden Mittwoch fand dieses Gespräch statt. Der Ortsvorsteher stellte den Jugendlichen die Standpunkte der Gemeinde dar und wies auch auf andere Jugendstreiche hin, die neben Sachbeschädigungen und den damit verbundenen Kosten verständlicherweise auch viel Ärger unter den Dorfbewohnern ausgelöst haben. Im Gegenzug erzählten die Jugendlichen, wie sie teilweise im Dorf schikaniert werden. Auch würde immer, wenn etwas passiert - sofort auf sie gezeigt.
Auch bezüglich des "Jugendtreffs" und sonstiger Aktivitäten wurde rege diskutiert und sachliche Argumente ausgetauscht.
Abschließend beauftragte mich Ortsvorsteher Bucher damit, die Beseitigung der Schäden zu überwachen und versprach den Jugendlichen - wenn alles zur vollsten Zufriedenheit geregelt sein würde - sich für sie einzusetzen.

Am 12.08.00 begannen die Jugendlichen gemeinsamen die Schäden zu beseitigen. Die Bänke in den Bushaltestellen wurden abgeschraubt, abgehobelt und lackiert, die Wände frisch gestrichen, die Schilder, Zigarettenautomaten usw. wurden geschrubbt. Es kam zu verbalen Spannungen mit einer anderen Jugendgruppe, aber zu keiner Eskalation.

Am 16.08.00 wurde ich von einem Polizisten des Reviers Breisach angesprochen, es läge eine private Anzeige gegen die "Sprayer" vor. Nachdem ich mit den betroffenen Personen gesprochen hatte, sicherten sie mir zu, nach Beseitigung des Schadens ihre Anzeige zurückzuziehen. Es waren vier Gespräche nötig, bis alle Emotionen soweit abgebaut werden konnten.

Am 15.09.00 wurden unter meiner Aufsicht auch die restlichen Schäden beseitigt.

In der Ortschaftsratsitzung vom 14.09.00 sprach Ortsvorsteher Bucher das Thema wieder an. Er kritisierte die Darstellung der Vorgänge auf diesen Internetseiten und regte sich über die Äußerungen einzelner Bürger auf. Damit würde nach außen hin ein negatives Bild unseres Dorfes verbreitet. Dementsprechend stand anschließend in der Presse zu lesen (BZ vom 30.09.00): "Zum Schluss gab Bucher bekannt, dass das Dorf jüngst im Internet in einer dreieinhalbseitigen Schmähschrift verunglimpft worden sei. Der Ortschaftsrat und die Zuhörer nahmen dies missbilligend zur Kenntnis." Worauf sich diese Missbilligung bezieht, wird nicht näher erläutert. Es gab auch Zuhörer, die eine andere Meinung vertreten und mich diesbezüglich auch angesprochen haben.

Während dieser ganzen Zeit kam es im Dorf zu heftigen Diskussionen, die sich auch auf diesen Seiten wiederspiegelten. Mit Bedauern musste festgestellt werden, dass die Reaktionen teilweise recht extrem ausgefallen sind. Auch gaben sie nicht unbedingt die Meinung der Mehrheit der Bevölkerung wieder. 

Fazit:
Positiv herausheben möchte ich folgende Tatsachen:
Die Jugendlichen haben sich freiwillig gemeldet und die Verantwortung für ihr Tun übernommen.
Der Ortsvorsteher hat sich vehement dafür eingesetzt, die Sache dorfintern zu klären.
Die Jugendlichen haben sich bemüht, alle angestellten Schäden restlos zu beseitigen. Sie haben dies gemeinsam und mit gutem Willen getan.
Die Jugendlichen haben eingesehen, dass ihr Handeln falsch war. Sie haben (hoffentlich) daraus gelernt.
Jugendliche und "Obrigkeit" reden vernünftig miteinander.
Negativ muss leider festgestellt werden:
Die Empörung einzelner Dorfbewohner und Gruppierungen eskalierte teilweise in nicht nachvollziehbaren Reaktionen.
Es wurde versucht, den "Tätern" weitere Missetaten anzulasten, die sie (teilweise offensichtlich) nicht begangen haben können.
Bei einigen Leuten fehlt immer noch die Einsicht und die Bereitschaft Vorurteile und festgefahrene Meinungen abzubauen, Andersdenkende zu akzeptieren und so die Zeichen der Zeit zu erkennen.

In den unzähligen Gesprächen, die ich zu diesem Thema geführt habe, ist von harter Kritik bis hin zu überschwänglichem Lob alles enthalten gewesen. Mit ein wenig mehr Bereitschaft zu Verständnis und mit viel mehr Unterstützung - gerade auch von Seiten des Ortschaftsrates - hätte dieses Thema schon viel eher erfolgreich zu Ende geführt werden können.  

Am Ende der Aktion haben (hoffentlich) alle dazugelernt. Hierzu auch ein Aufruf an alle Rimsinger, den Ursachen solch jugendlicher Gewaltausbrüche nachzugehen. Wir sollten ALLE ein wenig mehr nachdenken, miteinander reden und aufeinander zugehen. Vor allem aber sollten wir diesen ersten gemachten Schritt respektieren und ihm weitere folgen lassen.

Niederrimsingen, den 20.10.00 - Gustav Rosa, Ortschaftsrat

P.S. Es steht natürlich auch weiterhin jedem frei, uns seine Äußerung zu diesem Thema mitzuteilen. Wir weisen aber darauf hin, dass in Zukunft nur noch sachliche Meinungen mit Namensangabe des Verfassers veröffentlicht werden.

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©1999 - 2003   webmaster   -  Stand vom 27.10.03