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Pressebericht

Fessenheim

Badische Zeitung vom Donnerstag, 26. Juli 2007

"Nur die halbe Wahrheit"
Stadtrat Höfler kritisiert veröffentlichte Werte zu Fessenheim

Von unserer Mitarbeiterin Sabine Model

HEITERSHEIM. Kurz vor den Sitzungs- und Schulferien erteilte der Heitersheimer Stadtrat Harald Höfler dem Atomkraftwerk Fessenheim ein schlechtes Zeugnis. Die Sicherheit, die von Bürgermeister Jürgen Ehret stets beschworen werde, sei Augenwischerei. Die Werte vom AKW Fessenheim, die er im Mitteilungsblatt veröffentlichen lasse, vermittelten nur die halbe Wahrheit.

Er lasse nicht nach, die leidige Forderung nach Stilllegung des ältesten Druckwasserreaktors in Frankreich zu wiederholen, betonte Höfler. Nachdem in Japan bereits ein Atommeiler durch ein Erdbeben beschädigt wurde, sind in Deutschland immer noch alle AKWs vermeintlich sicher. "Nur gelegentlich brennt’s und knallt’s irgendwo", spöttelte er.

Die miserablen Noten für das 30 Jahre alte umstrittene AKW am Oberrhein spielte ihm am 5. Juli ein Bericht der Badischen Zeitung in die Hände. Demzufolge hatte sogar die französische Behörde für Atomaufsicht (ASN) bei der Jahresbilanz 2006 den staatlichen französischen Elektrizitätskonzern EdF aufgefordert, die Kontrollen zu optimieren und die Bedingungen zu verbessern, unter denen externe Dienstleister im AKW Fessenheim eingesetzt werden. Die Sorgfalt lasse nach, weil das Personal von Routine-Prozeduren abweiche. In 2006 waren von 49 Störfällen und kleineren Pannen zehn in der Störfallskala mit eins und die anderen mit null eingestuft.

Folge daraus sollte die gemeinsame Forderung sein, so Ehret, den Bundesumweltminister Sigmar Gabriel endlich dazu zu bewegen, sich darum zu kümmern und einen aktuellen Sicherheitsvergleich anzustreben. "Ich habe nie behauptet, dass Fessenheim super sicher ist", stellte Ehret klar. "Aber eine Stilllegung kann man nur dann fordern, wenn die Sicherheit nachweislich gefährdet ist."

Doch Harald Höfler holte weiter aus und verwies auf jüngste Berichte in den Medien, die der EdF unterstellen, ihr Personal am Arbeitsplatz unter Druck zu setzen. Wer danach im Internet forscht, erfährt von Stellenkürzungen, Auslagerung besonders gefährlicher Arbeiten an Subunternehmen, Erweiterung von Aufgabenbereichen und Schichtarbeit in den französischen Atommeilern. Der liberalisierte Strommarkt zwingt den Monopolisten EdF offenbar zu Sparmaßnahmen. Durch zentralisierten Einkauf fehlen, wie man hört, schließlich auch Ersatzteile, was zu Improvisationen zwingt. Die Folge: Stress und Depressionen bei den Mitarbeitern. In der Zentrale von Chinon nahmen sich innerhalb der letzten zweieinhalb Jahre vier Angestellte das Leben. Die Geschäftsführung dementiert zwar Zusammenhänge, weil sich die Dramen nicht unmittelbar auf dem Betriebsgelände ereigneten. Aber Harald Höfler gibt diese Situation noch mehr zu denken.

 © 2007 Badische Zeitung

Liest man diesen Bericht, so sträuben sich einem ein Mal mehr die Haare. Wie viele Nachweise braucht ein Bürgermeister (Ehret und CDU-Kollegen) noch, um endlich mit dieser immer peinlicher werdenden Brems- und Hinhaltetaktik aufzuhören? Verantwortung für die Sicherheit der Bevölkerung sieht anders aus! Es sei denn, man ist abhängig von dem Wohlwollen von Wirtschaft und Atomlobby.
Kommentar von Gustav Rosa - Niederrimsingen