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Fessenheim

Badische Zeitung vom Mittwoch, 7. März 2007

"Fessenheim ist technisch auf dem neuesten Stand"
BZ-Interview mit Jean-Philippe Bainier, dem neuen Direktor des elsässischen Atomkraftwerks, zur Sicherheit seiner Anlage

Bildunterschrift

Jean-Philippe Bainier, neuer Chef des AKW Fessenheim

(FOTO: BZ)

Wie sieht die Zukunft der beiden Reaktorblöcke in Fessenheim aus? Welche Rolle spielt Kernenergie in Frankreich als Wirtschaftsfaktor? Darüber sprach Bärbel Nückles mit Jean-Philippe Bainier. Seit einem Monat leitet er das Kernkraftwerk im elsässischen Fessenheim. Zuletzt stand Bainier, 48, der aus Montbéliard stammt und in Lyon sein Ingenieursdiplom erworben hat, an der Spitze des AKW von Dampierre an der Loire.

BZ: Herr Bainier, warum sollen die Menschen dem Atomkraftwerk von Fessenheim auch nach 30 Jahren noch vertrauen? Immerhin ist es das älteste in Frankreich, das in Betrieb ist.
Bainier: Ja, aber es ist nicht das älteste am Oberrhein! Vor allem ist seine Bauweise hinlänglich erprobt und das überall auf der Welt. Mit dem Verfahren des Druckwasserreaktors wurden U-Boote betrieben. Das ist eine kompakte, effektive Technik. Man muss auch sehen, dass diese Anlage aus einer Zeit des Aufbruchs stammt, als in Frankreich bis zu fünf Reaktoren pro Jahr ans Netz gingen.
BZ: Was tun Sie, damit das Atomkraftwerk so sicher bleibt, wie sie sagen?
Bainier: Jede Form menschlichen Handelns birgt ein Risiko, aber unsere Anlage wird kontrolliert, evaluiert, in Stand gehalten. Sie ist so konzipiert, dass jedes Risiko so gering wie möglich gehalten wird. Wie alle französischen Kernkraftwerke ist sie technisch auf dem neuesten Stand, teilweise sogar mit einer Ausrüstung, die sie anderen voraushat.
BZ: Zum Beispiel?
Bainier: Zum Beispiel das System zur Messung des Elektronenstroms. Die anderen sind noch mit der Vorstufe ausgerüstet.
BZ: Wobei der Bautyp überall in Frankreich der gleiche ist.
Bainier: Ja, natürlich. Unterschiede ergeben sich durch das Baujahr: In 30 Jahren hat sich das Know-how entwickelt.
BZ: 1999 und 2000 haben die letzten so genannten Zehnjahresinspektionen stattgefunden. Sie haben 100 Millionen Euro pro Block investiert. Kritiker halten die in Atomkraftwerken erzeugte Energie für unrentabel.
Bainier: Als wir 2002 den Dampfgenerator in Block 1 ersetzt haben, hat das sogar weitere 100 Millionen Euro gekostet. Sicher sind das beachtliche Summen, aber was diesen Strom so interessant macht, ist, dass sein Preis stabil und langfristig kalkulierbar ist. Auch auf dem Markt für nukleare Brennstoffe gibt es Spekulation. Beim Atomstrom macht der Brennstoff jedoch nur fünf Prozent der Gesamtkosten aus. Dafür sind wir unabhängig davon, ob Herr Putin irgendwann den Gashahn zudreht. Atomkraftwerke brauchen wir in Frankreich nicht, um Verbrauchsspitzen auszugleichen, sondern sie versorgen Frankreich mit 80 Prozent der Energie, die es tagtäglich verbraucht.
BZ: Das haben in Frankreich bisher nahezu alle politischen Parteien mitgetragen.
Bainier: Selbst wenn man es wollte, von heute auf morgen könnte man die Atomenergie nicht ersetzen. Eine Stilllegung würde unsere Wirtschaft schwächen und die Stromversorgung wäre nicht gewährleistet. Wenn wir außerdem den Ausstoß von Treibhausgasen reduzieren wollen, dann schaffen wir das nicht mit Kohlekraftwerken.
BZ: Könnte es für Electricité de France eines Tages interessant sein, in Fessenheim einen Reaktor der dritten Generation von Druckwasserreaktoren zu errichten?
Bainier: Es ist natürlich noch viel zu früh, darüber zu reden. So etwas hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab. In Flamanville werden wir Erfahrungen sammeln, und Edf beweist, dass sie in der Lage ist, 20 Jahre, nachdem sie das letzte Kernkraftwerk fertig gestellt hat, eine neue Anlage zu bauen. Aber weil der Weiterbetrieb rentabler ist als eine neue Anlage, setzen wir alles daran, dass die Sicherheit zu jeder Zeit gewährleistet ist. Denn nur dann wird uns die Aufsichtsbehörde bei der nächsten Zehnjahresinspektion den Weiterbetrieb genehmigen.

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