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Fessenheim

Badische Zeitung vom Dienstag, 12. Dezember 2006


"Das Beben hat eine natürliche Ursache"
BZ-Interview: Jochen Schneider, Geologe und Geothermie-Experte, zum Erdbeben vom Freitag


Bildunterschrift
Jochen Schneider 

(FOTO: BZ)

LÖRRACH. Mit dem Erdbeben vom Freitagabend haben die Verantwortlichen der Geopower AG die erste Erkundungsphase für das Deep-Heat-Mininig-Projekt in Kleinhüningen beendet. Kann das Beben das gesamte Projekt gefährden? Michael Baas hat nachgefragt bei Jochen Schneider, promovierter Geologe und Geothermie- Experte beim Freiburger Förderverein für regenerative Energien fesa.

BZ: Wie ist der Erdstoß vom Freitag zu bewerten?

Schneider: Ein Erdbeben mit einer Stärke von 3,4 auf der Richter-Skala ist vor Ort natürlich zu spüren. Einerseits verstehe ich, wenn das die Menschen beunruhigt; anderseits muss es aber eingeordnet werden in die geologische Gesamtkonstellation am Oberrhein. Dann ist das Beben weder ungewöhnlich noch besonders stark. Das Beben in Waldkirch im Dezember 2004 zum Beispiel hatte eine Magnitude von 5,4, im Kanton Aargau erreichte ein Beben im Vorjahr die Stärke von 4,4.

BZ: Macht es keinen Unterschied ob ein Beben natürliche Ursachen hat oder von Menschen verursacht wird?

Schneider: Das ist zu kurz gedacht; auch das Beben am Freitag hat zuallererst eine natürliche Ursache, nämlich die tektonischen Spannungen im Oberrheingraben und die sind im Rheinknie bei Basel noch höher als zum Beispiel im Breisgau, wie schon das große Basler Erdbeben vor 650 Jahren gezeigt hat. Das Einpressen des Wassers in 5000 Meter Tiefe löst diese Spannungen nur vorzeitig auf. Aber geologisch betrachtet schützen diese künstlich 
ausgelösten kleinen Beben eher vor einem wirklich großen.

BZ: Das müssen Sie erklären.

Schneider: Die eigentliche Ursache sind wie gesagt tektonische Spannungen. Auf Grund der Stimulation für das Geothermie-Projekt kommt es — wie jetzt — zur vorzeitigen Entladung. Würden sie sich weiter aufbauen, würden sie sich später in einem viel stärkeren Beben entladen.

BZ: Das heißt, Sie sehen in dem Beben vom Freitag keinen Grund, das Tiefengeothermie-Projekt in Kleinhüningen grundsätzlich in Frage zu stellen?

Schneider: Nein — zumal es diese künstlich verursachten Erschütterungen nur in der Eröffnungsphase der tiefen Erdschichten gibt. Später wenn der Wärmetauscher zwischen den Bohrungen hergestellt ist und das Wasser tatsächlich zirkuliert, kann das gar nicht mehr passieren.

BZ: Aber es ist ein Rückschlag?

Schneider: Wissenschaftlich-technisch sehe ich das nicht so. Dass es beim Wassereinpressen zu Erschütterungen kommt, stand von vorne herein fest. Aber sicher gibt's nun Verzögerungen und die machen das Projekt teurer. Die Frage ist eher, wie sich die Bevölkerung beruhigen lässt und wie viel Geld die Investoren gegebenenfalls bereit sind nachzuschießen.

BZ: Gleichwohl fügt sich die Entwicklung in das Bild, das die Tiefengeothermie derzeit abgibt. Es harzt. Ist die Technologie nicht ausgereift?

Schneider: Dies stimmt so nicht. Die hydrogeothermale Geothermie (nebenstehende Infobox, Anmerkung der Redaktion) ist gänzlich ohne Stimulation, und so auch ohne Erschütterungen realisierbar. Aber Sie spielen sicher auf die Probleme mit dem Hot-Dry-Rock-Verfahren bei anderen Projekten im Südwesten an — ob in Ettenheim oder in Bad Urach. Diese beruhen nicht auf technischen Problemen. Hier hängt es an den Finanzen und dem fehlerbehafteten Management in Bad Urach. Zur Zeit fehlen Versicherungen und Investoren, die bereit sind ein gewisses Risiko einzugehen, und in eine neue, vor allem grundlastfähige Technologie zu investieren. 
Die Geopower Basel zeigt viel Mut und Entschlossenheit und es ist wünschenswert, dass sie das Vertrauen auch der Bevölkerung erhalten kann, um das Projekt fortzusetzen. Nicht zu vergessen ist, dass es auch in oultz-sous-Forêts während der Stimulation Beben gab. 
Inzwischen sind die Probleme ausgeräumt, die Bevölkerung hat Geduld bewiesen und Ende '07 soll der Bau eines Kraftwerkes begonnen werden. Was sich am Freitag in Basel ereignet hat, ist im Vergleich zu einem atomaren GAU in Fessenheim meiner Ansicht nach vernachlässigbar.

Tagung: Risikominimierung und Finanzierung von Geothermieprojekten ist Thema der 3. Internationalen Geothermiekonferenz am 19. April 2007 im Konzerthaus Freiburg. Informationen dazu in Kürze auch unter: 
http://www.geothermie-oberrhein.de

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