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Fessenheim

Badische Zeitung vom Samstag, 18. November 2006

CDU will Konsens statt Konfrontation
Atomkraftwerk Fessenheim: Besser zusammen mit den Franzosen auf sicheren Betrieb achten statt eine Klage anstrengen

Bildunterschrift
Sorgt seit Jahren für Verunsicherung und Streit: das Atomkraftwerk Fessenheim
(FOTO: BRIGITTE SASSE)

Von unserem Redakteur Franz Dannecker

FESSENHEIM/FREIBURG. Wenn es um das viel gescholtene Atomkraftwerk Fessenheim geht, dann setzt die CDU im Kreistag Breisgau-Hochschwarzwald auf Konsens mit den französischen Nachbarn statt auf Konfrontation. Von einer Klage gegen den Betrieb des Kraftwerkes, wie sie vom "Trinationalen Atomschutzverband der Bevölkerung um das AKW Fessenheim" (Tras) angestrebt wird, hält die CDU nichts. Sie habe auch keine Aussicht auf Erfolg.
Die CDU-Kreisräte haben sich dieser Tage zu einer Klausur im Elsass getroffen und sich beim Thema AKW Fessenheim mit Politikern des Elsass ins Benehmen gesetzt. Man habe bei diesen Gesprächen mit elsässischen Kollegen viel Neues erfahren, das aufzuarbeiten sei, sagte Jürgen Ehret, Sprecher der CDU-Gemeinderatsfraktion und Bürgermeister von Heitersheim, am Donnerstagabend bei einem Pressegespräch im Verwaltungsgebäude von "Essor du Rhin" in Fessenheim. In diesem Gemeindeverband haben sich acht Gemeinden mit zusammen etwa 9000 Einwohnern, eine davon Fessenheim, zusammengeschlossen.
Seine Fraktion, so Ehret, habe den Antrag gestellt, Landrat Jochen Glaeser solle mit Charles Büttner, dem Präsidenten des Generalrates des Départements Haut-Rhin, einen Termin im Kernkraftwerk Fessenheim organisieren, um grundlegende Fragen der Betriebssicherheit im Kraftwerk zu erörtern. Als Gesprächspartner sollen Kraftwerksdirektor Joseph Sanchez und Repräsentanten der französischen Aufsichtsbehörde "Drire" zur Verfügung stehen.
Eine Klärung sei notwendig, weil die unterschiedlichen, teilweise gegensätzlichen Aussagen von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (durch Fessenheim werde die Sicherheit der Bevölkerung nicht beeinträchtigt) und von Christian Küppers, Mitglied der Kommission für Reaktorsicherrheit (die Anlagen seien teils veraltet) die Bevölkerung verunsichert hätten. Auch weil der baden-württembegische Energieversorger ENBW bis zu 17,5 Prozent des Fessenheimstromes abnehme, sei man in der Pflicht, zusammen mit französischen Politikern den offenen Fragen nachzugehen.
Bei der Bewertung von Fessenheim "brauchen wir mehr Ehrlichkeit in allen Bereichen", sagte René Lohs, Bürgermeister von Müllheim und in der CDU-Fraktion für Wirtschaft und Umwelt zuständig. "Wir sind auf die Kernkraft angewiesen, sie muss aber sicher sein", fasste er die CDU-Position zusammen. Sein Kollege Joachim Schuster, Bürgermeister von Neuenburg, warnte davor, Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Vorurteilsfreie Information und Aufklärung seien in Atomkraftfragen besonders wichtig. Schuster wies darauf hin, dass in Frankreich jedes auch nicht sicherheitsrelevante "Ereignis" in einem AKW meldepflichtig sei. Dadurch entstehe der Eindruck, in Fessenheim habe man mehr Probleme als in deutschen Atomkraftwerken. Ein schiefes Bild: Auch in Deutschland habe es in einem Jahr 159 solcher Ereignisse gehabt, sie müssten hier aber nicht publiziert werden. Es sei auch nicht gerechtfertigt, immer das Kernkraftwerk Fessenheim als Gefahr hinzustellen, genauso nah an der Grenze stehende schweizerische Atomkraftwerke, die zum Teil älter als Fessenheim (30 Jahre) seien, unberücksichtigt zu lassen. Schuster forderte eine Gesamtschau der Untersuchungen in deutschen, französischen und schweizerischen Kraftwerken, um zulässige Vergleiche anstellen zu können.

"Keiner fühlt sich hier in Unsicherheit"

Wichtig sei die Zehnjahresrevision der zwei Fessenheim-Reaktoren 2009 und 2010. Dann müssten die Reaktoren auf dem dann gültigen Stand von Wissenschaft und Technik sein. Sei dies der Fall, könne eine Betriebserlaubnis für weitere zehn Jahre erteilt werden, wenn nicht, sei die Erlaubnis zu verwehren.
Dies unterstrichen auch die bei der Pressekonferenz anwesenden André Onemus, Bürgermeister von Rümersheim, Maurice Zimmerle, Bürgermeister von Neu-Breisach und Direktor des Zweckverbandes "Essor du Rhin", und Alain Foechterle, Bürgermeister von Fessenheim. Sie betrachten es als eine gemeinsame französisch-deutsche Angelegenheit, einen sicheren Betrieb des Atomkraftwerkes in Fessenheim zu gewährleisten. Die auf deutscher Seite gängige Auffassung, Fessenheim sei ein Schrottreaktor, der jederzeit in die Luft gehen könne, teilen sie nicht. Sie fühlen sich ernst genommen, gut über die Vorgänge im Kraftwerk informiert und sicher. "Keiner hier fühlt sich in Unsicherheit", sagte Maurice Zimmerle.
"Da wird nichts versteckt", sagte André Onemus über die Informationspolitik der Kraftwerksbetreiber, und die Kontrolleure, die für einen sicheren Betrieb sorgen sollen, seien nicht untätig: "Die kommen unangemeldet, die kommen auch nachts". Dass Deutsche sich Sorgen machen und mitreden wollen, ist für Onemus in Ordnung, was ihn stört, ist der Umstand, dass der Informationsstand sehr unterschiedlich sei.
Dass Fessenheim seinen Strom umsonst vom Kernkraftwerk beziehe, sei eine Mär, sagte Alain Foechterle. Auch Mutmaßungen, das Wohlverhalten von Fessenheim und anderer Gemeinden werde durch hohe Geldzahlungen des Kraftwerksbetreibers erkauft, entbehrten jeder Grundlage. Die EDF bezahle Gewerbesteuer ("taxe professionelle" ) wie andere Unternehmen auch.

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