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Pressebericht

Fessenheim

Badische Zeitung vom Donnerstag, 26. Oktober 2006


Erste Erfolge auf einem steinigen Weg
Trinationaler Atomschutzverband informiert Kommunalpolitiker und Bürgermeister über den Kampf gegen das AKW Fessenheim

Bildunterschrift
Immer wieder kommt es in Südbaden zu Protesten gegen das Atomkraftwerk Fessenheim. Die Stilllegung des Atommeilers forderten diese Demonstranten im vergangenen Mai bei der Eröffnung der neuen Rheinbrücke zwischen Fessenheim und Hartheim.

(FOTO: DPA)

Von unserer Mitarbeiterin Gerda Oswald

WALDKIRCH. Bürgermeister Richard Leibinger und die badisch-elsässischen Bürgerinitiativen hatten Bürgermeister, Gemeinde- und Kreisräte aus den Landkreisen Emmendingen und Breisgau-Hochschwarzwald eingeladen. Zwei Experten informierten über den Zustand des Atomkraftwerks Fessenheim und die Arbeit des Trinationalen Atomschutzverbandes (Tras), zu dessen Mitgliedern auch die Stadt Waldkirch gehört.

Der Physiker Christian Küppers, Mitglied in der deutsch-französischen Kommission für Fragen der Sicherheit kerntechnischer Anlagen, besuchte im Januar das 30 Jahre alte Atomkraftwerk (AKW) Fessenheim und sah massive Defizite. Zwar seien Nachbesserungen vom Betreiber Electricité de France offensichtlich, doch sie entsprächen nicht den Sicherheitsstandards deutscher und Schweizer AKWs. Leider verfüge auch er nur über 20 Jahre alte Bauunterlagen, so Küppers, doch es gäbe schon signifikante Unterschiede. Die Reaktorschutzhülle sei in Fessenheim 75 Zentimeter dick, bei deutschen Reaktoren zwei Meter. Die Becken für abgebrannte Brennelemente und Kühlsysteme seien außerhalb des Containments gebaut, ohne besonderen Schutz. Da hätte es Nachbesserungen gegeben, doch vieles sei nicht konsequent bis zu Ende gesichert. Die Gefahr, dass ein Flugzeug abstürzt oder gar ein Terrorangriff, sei für den Betreiber mit dem Überflugverbot hinreichend gebannt.

Wissenschaftlich umstrittene Berechnungen über die Auswirkung von Erdbeben und eine These, dass es im Rheingraben unterschiedliche Erdplatten gebe, bei dem Fessenheim als seismologisch "sicher" gelte, ärgern auch den Schweizer Nationalrat, Ökonomen und Vorstandsmitglied bei Tras, Rudolf Rechsteiner. Er ist Gründungsmitglied des 2005 länderübergreifend, gegründeten Verbandes, der zum Schutz der Bevölkerung mit juristischen Mitteln die Stilllegung des Reaktors erreichen will. "In der Nähe von Genf haben wir nach 14 Jahren Prozess ein AKW stillgelegt. Das sind die Zeiträume, in denen wir denken" , so Rechsteiner. Der Tras konnte bereits erste Erfolge verzeichnen, denn die französische Kommission für den Zugang zu amtlichen Dokumenten, hat die Offenlegungspflicht der vom Schutzverband verlangten Daten bestätigt. Die Pariser Anwältin Corinne Lepage (Ex-Umweltministerin) berät den Tras und hat bereits Fehler bei der Bewilligung zur Wasserentnahme und Unregelmäßigkeiten beim Entnahmeprotokoll im Sommer 2003 bemerkt. Der Verband finanziert auch die Klage der Gemeinde Weisweil als Direktbetroffener.

FDP-Landtagsabgeordneter Dieter Ehret bezeichnete die Nachbesserungen als "Flickwerk", die Erdbebensicherheit als "wunder Punkt" und hält deshalb die Bedrohung nach wie vor für groß.

"Warum bekämpfen Sie nur Fessenheim und nicht auch die grenznahen, Schweizer AKW?", wollte Denzlingens Bürgermeister Lothar Fischer wissen. "In der Schweiz haben wir die totale Atomgläubigkeit, da bekommen wir keine Mehrheiten zusammen", bedauerte Rechsteiner und sagte, dass er die Deutschen um ihr Erneuerbare Energien Gesetz beneide. Er hoffe auch auf eine Güterabwägung zu Gunsten erneuerbarer Energien und dass sich die Betreiber fragen würden: "Wie viel Geld stecke ich in einen alten Ofen?".

"David hat nur ein Steinchen in seiner Schleuder", gab Axel Mayer, Vizepräsident bei Tras, Bund-Geschäftsführer und Kreisrat zu bedenken. Es stünden rund 50000 Euro zur Verfügung (jede Gemeinde bezahlt sieben Cent pro Einwohner), da dürfe man sich nicht verzetteln.

Momentan sind 32 deutsche und Schweizer Gemeinden, eine französische Gemeinde, 25 Organisationen und 70 Einzelpersonen im Tras. "Die französischen Mandatsträger werden auch immer unruhiger, doch sie fürchten auch finanzielle Sanktionen" , so Rechtsteiner, denn aufgrund des Reaktors erhalten die Gemeinden jährlich 30 Millionen an Gewerbesteuer und Gebühren.

http://www.atomschutzverband.ch
 

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