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Pressebericht

Fessenheim

Badische Zeitung vom Freitag, 18. August 2006


Sauberer Strom vom Dach der Gemeindeschuppen
Markus Schmidt hat die erste von zwei Photovoltaikanlagen im Gewann Mühlacker im Rahmen eines Bürgerprojekts realisiert


Bildunterschrift
Markus Schmidt ist stolz auf seine Photovoltaikanlage auf den Dächern der gemeindeeigenen Schuppen in Eichstetten.
(FOTO: CHRISTA RINKLIN)

Von unserer Mitarbeiterin Christa Rinklin

EICHSTETTEN. Er freut sich nicht wie ein "Schneekönig", sondern vielmehr wie ein echtes badisches "Sonnenmännchen": Markus Schmidt, bei dem sich (fast) alles um die Sonne dreht, hat vor kurzem die erste von zwei Photovoltaikanlagen im Gewann Mühlacker im Rahmen eines Bürgerprojektes realisiert. Seit sechs Wochen ist die knapp 30 Kilowattpeak starke Anlage am Netz. "In der ersten Woche hat sie schon rund 1200 Kilowatt geliefert", berichtet der Techniker, Winzer und Solarwirt aus Leidenschaft.
Die 200 Quadratmeter große und 156 Module umfassende Photovoltaikanlage laufe perfekt — und man merkt Schmidt die Freude an, wenn er die Zählerstände abliest. Der 36-Jährige, der in Eichstetten aufgewachsen und heute auf dem Opfinger Sonnenberg zu Hause ist, sprüht geradezu vor Idealismus und Begeisterung angesichts der vielen Vorteile, die die Sonnenkraft seiner Ansicht nach biete. Der Grundstein für diese Leidenschaft, so meint er, wurde bereits in seiner Kindheit gelegt. Damals, als kleiner Junge in den 70er-Jahren, sah er Traktoren durchs Dorf rauschen, die einen orangefarbenen Aufkleber mit dem Motto "KKW Wyhl — nein danke" trugen.
Dieser Eindruck von Menschen, die einer scheinbar unabwendbaren Entwicklung entgegensteuern und sich für eine gute Sache stark machen, sei ihm bis heute geblieben.

"Sonnenkraft ist unendlich"

"Öl, Gas und Uran sind begrenzte Rohstoffe, Sonnenkraft dagegen ist unendlich", betont er. Ein mulmiges Gefühl bereitet ihm das Kernkraftwerk Fessenheim. Die Gefahr, die es in sich berge, ist sein größter Ansporn, endlich selbst aktiv zu werden. "Wir sitzen auf einem Pulverfass. Man sollte deshalb nicht nur debattieren und demonstrieren, sondern handeln", meint Markus Schmidt. Vor dem Hintergrund, dass auch Eichstetten viel Strom aus Fessenheim beziehe, könne er mit seinem Engagement einen persönlichen Beitrag zur Vermehrung des "sauberen" Stroms leisten. Seit einem Jahr setzt sich der vielseitig interessierte Mann intensiv mit dem Thema Solartechnik auseinander.
Den letzten "Schub" gaben sonnige Ferientage am Comer See. "Im Urlaub werde ich immer kreativ", lacht Schmidt, der dort den Entschluss gefasst habe, in Photovoltaik zu investieren. Nachdem er auf seinem Anwesen eine Anlage installiert hatte, ging er mit einer neuen Idee auf die Eichstetter Gemeindeverwaltung zu: Die gemeindeeigenen, an Winzer verpachteten Geräteschuppen im Gewann Mühlacker erschienen ihm als idealer Standort für eine Photovoltaikanlage. Markus Schmidt konnte fünf Winzer dafür gewinnen, ihre Dachflächen zur Verfügung zu stellen.
Im Gegenzug übernimmt er ihre Pachtkosten für die Schuppennutzung. Das Rathaus unterstützte das Vorhaben und gab grünes Licht für dieses bürgerschaftliche Engagement. Der positive Nebeneffekt für die Allgemeinheit: Das seit rund 15 Jahren genutzte Schuppenareal erhielt jetzt erstmals einen Stromanschluss, der nach 25 Jahren kostenfrei in das Eigentum der Gemeinde Eichstetten übergeht. Markus Schmidt, der als persönlichen "Nebeneffekt" spontan eine eigene Beratungsfirma für Photovoltaik gründete, investierte über 100 000 Euro in die Anlage, die in zehn Jahren amortisiert sein wird. 25 000 Kilowattstunden Ertrag wird sie jährlich bringen — dies entspricht einer Strommenge, mit der zehn Haushalte versorgt werden können.
Gleichzeitig, und das freut Schmidt ganz besonders, kann pro Jahr ein Ausstoß von 13 Tonnen Kohlendioxid vermieden werden. Diesem Beispiel, das von der Gemeinde Eichstetten auch finanziell gefördert wird, werden weitere folgen. So wird der Landwirt Winfried Meier gleich nebenan seine Anlage installieren und auch der Winzer Andreas Hiss plant auf einem weiteren Gelände eine vergleichbare Investition.

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