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Pressebericht

Fessenheim

Badische Zeitung vom Freitag, 26. Mai 2006


Die Stadt Vogtsburg tritt der Tras vorerst nicht bei
Favorisiert wird stattdessen eine Mitgliedschaft in der Überwachungskommission des Kernkraftwerkes in Fessenheim



Bildunterschrift:

Viele zweifeln an der Sicherheit des AKW Fessenheim.

(FOTO: DPA)

VOGTSBURG (cf). Die Stadt Vogtsburg wird die Mitgliedschaft in der Überwachungskommission des Kernkraftwerkes Fessenheim — der “Commission Locale de Surveillance” (CLS) — beantragen. Darauf einigte sich der Gemeinderat nach eingehender Beratung einstimmig in seiner jüngsten Sitzung. So soll die Verwaltung die Aufnahme in die Kommission zum nächstmöglichen Zeitpunkt beantragen.
Gleichzeitig, so der Beschluss weiter, soll der CDU-Landtagsabgeordnete Gundolf Fleischer dieses Anliegen dem Colmarer Bürgermeister Gilbert Meyer vortragen. Dieser hatte gegenüber dem Oberrotweiler Ortsvorsteher Arno Landerer signalisiert, er werde sich bei der CLS für einen Beitritt Vogtsburgs einsetzen. Spätestens in einem Jahr soll die Stadtverwaltung den Gemeinderat über den Stand der beschlossenen Bemühungen unterrichten. Sollte sich bis dahin nichts Wesentliches ergeben haben oder ein Beitritt Vogtsburgs in die CLS sogar abgelehnt worden sein, so werde die Stadt dem trinationalen Atomschutzverband Tras beitreten, der die Abschaltung des Kernkraftwerks Fessenheim auf juristischem Wege erreichen will.
In der dem Beschluss vorangegangenen Beratung hatte sich Bürgermeister Gabriel Schweizer gegen einen sofortigen Beitritt zur Tras ausgesprochen. Die Aussichten auf einen juristischen Erfolg der Tras seien fraglich und Aussagen zu einer möglichen Dauer des Verfahrens derzeit nicht möglich, so der Rathauschef. Auch sei zu befürchten, dass im Falle eines Rechtsstreits die Bemühungen, auf politischem Weg zu einer Schließung des Kernkraftwerkes zu kommen, erschwert oder blockiert würden. Zudem wäre bei einem Beitritt zur Tras eine Mitgliedschaft in der CLS sicherlich nicht zu erreichen.
Da bis Ende dieses Jahres mit einer Entscheidung bezüglich der beantragten Laufzeitverlängerung des Kernkraftwerks Fessenheim zu rechnen sei, könne ein über Jahre dauernder Rechtsstreit der Tras derzeit nicht das richtige Mittel sein. “Ich glaube, unser Vorgehen ist klug, sinnvoll und abgewogen”, betonte Schweizer nach der Beschlussfassung. Zwar dürfe die CLS selbst keine Entscheidungen treffen, jedoch könne sie zur Meinungsbildung vor Ort beitragen. Eine solche lokale Ebene der Begegnung und des Austausches, auf der eine politische Willensänderung erreicht werden soll, sei daher unbedingt notwendig. Die Kommission stehe, so Schweizer, in direktem Dialog mit den verantwortlichen Stellen und dem Betreiber des Kraftwerkes und werde auch über Störfälle unterrichtet. Der Kernpunkt sei die “politische Verzahnung vor Ort” und der Austausch von Informationen. Auf der lokalen Ebene biete das Gespräch am ehesten eine Möglichkeit, etwas zu erreichen.
Susanne Killian (SPD), die in einer früheren Sitzung die Frage nach dem Beitritt der Gemeinde zur Tras angesprochen hatte, betonte zu Beginn der Beratung, dass sie keine andere Möglichkeit sehe. Sie sei überzeugt davon, dass nicht noch lange geredet werden dürfe. Nachdem jedoch der Zusatz der einjährigen Frist in den Beschluss aufgenommen wurde, nach deren Ablauf man der Tras immer noch beitreten könne, stimmte auch sie dem Antrag auf eine Mitgliedschaft in der CLS zu.
Tras habe schon jetzt ein breiteres Bewusstsein gegen das Kernkraftwerk Fessenheim geschaffen, freute sich Arno Landerer (FWV). Dennoch sei ein Beitritt in diesen Verband seiner Meinung nach für einen ersten Schritt der Stadt “nicht so günstig”. Daher befürwortete er die Entscheidung, für einen überschaubaren Zeitraum der CLS beizutreten. “Wenn man dann nicht weiterkommt, bleibt Tras immer noch als Möglichkeit.”
Johannes von Gleichenstein (CDU) sprach sich ebenfalls für den Weg über die CLS aus. Tras könne das Kraftwerk ja auch nicht morgen abschalten, rechtliche Verfahren zögen sich schließlich auch über Jahre hin. Ähnlich argumentierte Gottfried Wetter (FWV), der jedoch bedauerte, dass bei einem juristischen Verfahren der gegenseitige Dialog zwischen den beiden Ländern ausgeschlossen sein soll. Auch nach Werner Räpples (FWV) Ansicht ist der politische Weg der bessere. Man sollte versuchen, die CLS als politische Plattform weiter auszubauen und zu nutzen. Er kritisierte, dass die EU nicht im Stande sei, gleiche Sicherheitsstandards für kerntechnische Anlagen einzufordern. Daher beschloss das Gremium, auch den örtlichen EU-Abgeordneten zu aktivieren. Außerdem beauftragten die Gemeinderäte die Verwaltung, erneut das Bundesumweltministerium und den baden-württembergischen Ministerpräsidenten aufzufordern, sich für die Abschaltung des Kraftwerks einzusetzen. Bereits im Mai 2004 hatte das Gremium einen entsprechenden Beschluss gefasst, auf den, so Schweizer, jedoch keine befriedigenden Antworten gefolgt waren. Vielmehr sei darauf hingewiesen worden, dass die Verantwortung für die nukleare Sicherheit in Fessenheim beim französischen Staat liege. Auch sah sich das Bundesumweltministerium außer Stande, eine vom Gemeinderat geforderte Einschätzung zum Sicherheitszustand des AKW Fessenheim abzugeben. Als “absolut indiskutable Situation” bezeichnete Schweizer die Tatsache, dass das Bundesumweltministerium eine Erörterung des Problems auf dem deutsch-französischen Gipfel nicht für angemessen halte.

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