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Pressebericht

Fessenheim

Badische Zeitung vom Dienstag, 2. Mai 2006

“Wer A sagt, muss auch B sagen”
Die Gemeinde Gundelfingen tritt dem Atomschutzverband bei, der gegen das Kernkraftwerk Fessenheim klagen will

Von unserem Mitarbeiter Markus Zimmermann-Dürkop

GUNDELFINGEN. Gundelfingen wird dem Trinationalen Atomschutzverband (Tras) beitreten und folgt damit dem Beispiel zahlreicher Schweizer und deutscher Gemeinden, die mittels dieses Zusammenschlusses für die sofortige Stilllegung des Atomkraftwerkes Fessenheim und gegen einen dort geplanten, neuen Druckwasserreaktor auch juristisch vorgehen wollen. Mit klarer Mehrheit stimmte der Gemeinderat dem entsprechenden Antrag der Grünen zu.
Beantragt hatte den Beitritt die Fraktion der “Grünen”, die in dem Beitritt die logische Konsequenz aus der, im Juli 2004 einstimmig vom Gemeinderat beschlossenen Resolution des Gemeinderats sehen, mit der die Stilllegung des Reaktors in Fessenheim gefordert worden war. “Wir akzeptieren, dass dies nicht der einzige Weg ist, sich gegen das bestehende und mögliche neue Kernkraftwerk dort zur Wehr zu setzen, doch wollen wir diesen Weg unterstützen”, so Werner Platzer. Sicherlich könnte das juristische Vorgehen des Tras den diplomatischen Weg belasten, doch sei auf diesem letztlich bisher nichts erreicht worden. Der altersschwache, pannenanfällige und erdbebengefährdete Reaktor müsse so schnell wie möglich abgeschaltet werden. “Im Interesse der Menschen in der gesamten Region”, sieht Platzer das Engagement des Tras. Der Beitrag, sieben Cent je Einwohner (806 Euro jährlich für Gundelfingen), werde für Studien, Gutachten und renommierte Juristen gut verwendet.
“Wer A sagt, muss auch B sagen”, betonte Bruno Zimmermann (SPD), dass der Beitritt zu Tras konsequent sei. “Viele Appelle haben nichts bewirkt, es wurde nur Papier verbraucht”, so der Fraktionssprecher. Die Gemeinderäte seien verpflichtet, von den Bürgern Schaden abzuwenden und dies nicht nur mit Resolutionen, sondern auch dann, wo es konkret werde, etwas koste. Dem “Tiger” auf der anderen Seite könne man auf Dauer nicht zahnlos gegenübertreten.
“Der Beitritt zu Tras ist problematisch”, betonte Jörg Löffelbein (Freie Wähler). Durch die Verhärtung der Fronten könnte sich die Stilllegung verschleppen. Zugleich sei der Tras ein Weg, diese zu erreichen und die Gefährlichkeit von Atomkraft sei unumstritten. Parallel müssten erneuerbare Energien ausgebaut werden.
“Der Tras-Beitritt ist die Konsequenz aus unserer Resolution”, betonte auch Hans-Friedrich Fleischmann (FDP). Der Widerstand gegen Fessenheim müsse aus der Unverbindlichkeit heraus. Das Argument, jeder Bürger könne bei Tras selbst Mitglied werden, spreche nicht gegen die Mitgliedschaft der Kommune, denn die Bürger hätten den Gemeinderat gewählt, um für sie einzutreten. Die Kosten für die Mitgliedschaft seien nicht gegen das hohe, weit höhere Gut der Sicherheit der Bürger aufzuwiegen.
“Für die Bürger ist es fragwürdig, wenn wir aus finanziellen Gründen aus vielen Verbänden austreten und knapp ein Jahr später durch den Beitritt zu Tras wieder eine Verpflichtung in ähnlicher Höhe eingehen”, erklärte Peter Bertram (CDU). Darüber hinaus sieht er den Tras durch die dort agierenden Personen als “Grün” belastet an, so dass er kaum glaube, dass sich die Mehrzahl der Bürger von Tras vertreten fühle. Unklar seien bis heute konkrete Vertretungsregeln in den Statuten. Die Gemeinde mache sich zudem unglaubwürdig, wenn über Abnahmeverträge von den eigenen Gemeindewerken Atomstrom bezogen werde und sie sich gleichzeitig dagegen wehre. “Ich glaube nicht, dass der juristische Weg einen Erfolg hat”, so Bertram, der gemeinsam mit Gabriele Lehmberg gegen den Beitritt zu Tras stimmte. Die weiteren CDU-Gemeinderäte enthielten sich.
“Wenn es am Geld liegt, so übernehme ich den ersten Jahresbeitrag aus der eigenen Tasche”, erklärte vor der Abstimmung Jochen Kremp (SPD). Das von Bertram angeführte Argument der Verflechtung der Gundelfinger Gemeindewerke mit Atomstrom interpretierte Bruno Zimmermann als Antrag, die Gemeinde sollte zukünftig nur noch Strom von den Stromrebellen aus Schönau beziehen.

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