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Pressemitteilung

Fessenheim

Badische Zeitung vom Donnerstag, 6. April 2006

Neue Chance in einem Jahr
Emotionale Debatte um Tras-Beitritt im Heitersheimer Gemeinderat / Antrag der SPD gescheitert

Von unserer Mitarbeiterin Sabine Model

HEITERSHEIM. “Sie verhalten sich wie im Kindergarten” , kritisierte Bürgermeister Jürgen Ehret den Gemeinderat, als die Debatte über den Beitritt zum “Trinationalen Atomschutzbund der Bevölkerung um das AKW Fessenheim (Tras)” emotional ausuferte. Der Antrag der SPD wurde von der CDU nicht unterstützt. Den mehrheitsfähigen Kompromiss lieferte Martin Zotz (FW): “Wir wollen der neuen Bundesregierung ein Jahr lang eine Chance geben und dann das Ergebnis nochmals diskutieren.”
“Ich bin wütend, traurig und maßlos enttäuscht” , machte sich Stadtrat Harald Höfler Luft. Es sei weltfremd und blauäugig zu glauben, bei den “sturen Franzosen” sei politisch etwas auszurichten. Die Abschaltung des Meilers werde nur juristisch erreicht. “Für 406 Euro Mitgliedschaft der Stadt Heitersheim hätten wir uns nichts vergeben.” Ratskollegin Eva Markowski fand schade, dass man sich der Schnittmenge aus schweizerischen, deutschen und französischen Sicherheitsinteressen nicht anschließe.
In einem umfangreichen Eingangsstatement hatte Fraktionssprecher Dieter Hennig die Forderung begründet, sich der Tras anzuschließen, um mit juristischem Druck die Stilllegung des AKW Fessenheim zu erreichen. Dabei wollte er sich einer politischen Lösung nicht verschließen. “Zweigleisig zu fahren ist besser als schmalspurig” , meinte er. Wer zur Bündelung der Kräfte in der MUT-Initiative “ja” sage, müsse auch die Tras befürworten, so Hennig, denn “das AKW bedroht unser aller Leben” . Bedauerlich fand Hennig, dass just jene reguläre Sitzung vor der Landtagswahl mangels Tagesordnungspunkten ersatzlos gestrichen wurde, in der dieser Antrag hätte behandelt werden sollen. Außerdem zeigte er sich irritiert von dem Beschlussvorschlag der Verwaltung, der Tras nicht beizutreten und den Bundesumweltminister um einen erneuten Sicherheitsvergleich des AKW Fessenheim mit einem deutschen Kernkraftwerk zu bitten.
Ehret versicherte, die Gemeindeordnung eingehalten zu haben und die Sorge wegen des ältesten AKWs ernst zu nehmen. Ein erster Sicherheitsvergleich mit Neckarwestheim habe nur geringe Mängel in Fessenheim ergeben, was die Franzosen bestärke, ihr AKW für sicher zu erklären, auch wenn daran zunehmend Zweifel aufkommen. Er sah den politischen und den juristischen Ansatz, dem zu begegnen. Man könne die Bundesregierung zu einem erneuten Sicherheitsvergleich zwingen und Mängelbeseitigung oder Stilllegung einfordern oder den Klageweg der Tras mit vielen Unwägbarkeiten beschreiten. Niemand kenne Zeitraum oder Gerichtsstand. Sicher sei nur, dass Veränderungen lange blockiert würden. Der Vergleich mit der MUT hinke, weil diese auf politische Lösungen setze und die seien auch in Fessenheim noch lange nicht ausgeschöpft, so Ehret. Klagen und zugleich verhandeln wollen, halte er jedoch für weltfremd.
Es gehe nicht um 406 Euro, betonte Martin Zotz. Die Tras gebe es erst ein Jahr. Mehr als ein Sicherheitsvergleich werde auch per Klage zunächst nicht erreicht. Konfrontation lähme höchstens die politische Initiative. “Wir dürfen nicht so tun, als würde nichts gegen Fessenheim geschehen, wenn wir heute nicht der Tras beitreten” , meinte er und beruhigte die SPD: “Wenn in einem Jahr außergerichtlich nichts bewegt wurde, sind wir ganz nah bei ihnen.”
Lediglich FW-Stadtrat Peter Kaltenbach schloss sich der SPD an, weil er hoffte, wenn MUT zusammengeschweißt habe, könne man auch im links- und rechtsrheinischen Bündnis schaffen, was allein nicht gelinge. Doch das sechsköpfige Pro-Tras-Lager setzte sich nicht durch. Eine Mehrheit fand der Antrag von Martin Zotz bei fünf SPD-Gegenstimmen. Über den Verwaltungsvorschlag wurde nicht mehr abgestimmt. Die SPD wird nun als Fraktion Tras-Mitglied.

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