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Pressebericht

Fessenheim

Badische Zeitung vom Donnerstag, 2. Februar 2006

“Tras” plant Klage gegen Fessenheim

SPD-Veranstaltung zur “Zukunft der Energie-Region Oberrhein”

Bildunterschrift
Ganz alternativ: Bollenhut-Windrad

(FOTO: HANS CHRISTOF WAGNER)

Von unsrem Mitarbeiter Hanns Christof Wagner

HARTHEIM. Dinosaurier waren groß, stark und unbesiegbar. Und trotzdem sind sie ausgestorben. Als Dinosaurier der Energieerzeugung wurden auf einer Energieveranstaltung des SPD-Landtagsabgeordneten Christoph Bayer in Hartheim, Konzerne und Politiker ausgemacht, die an der Atomenergie und fossilen Energieträgern festhalten. Den Erneuerbaren gehöre die Zukunft. Schon bald könnten sie Öl, Gas, Kohle und Uran ersetzen.
Vor zwei Jahren hatte es schon einmal eine ähnliche Veranstaltung in Hartheim gegeben. Motto damals: “Strahlung kennt keine Grenzen.” Ziel 2004 sei die trinationale Verständigung darüber gewesen, dass der Widerstand gegen das Atomkraftwerk Fessenheim nur Erfolg haben könne, wenn sich Deutsche, Franzosen und Schweizer zusammenschlössen. Heute sei man so weit, wie Rudolf Rechsteiner, Schweizer Nationalrat und Vizepräsident des “Trinationalen Atomschutzverbands der Bevölkerung um das AKW Fessenheim” (Tras), hervorhob.
Sein Ziel ist Rechsteiner zufolge, ein Rechtsverfahren gegen den Betreiber der Anlage, die Eletricite de France (EdF), herbeizuführen. Dafür habe man eine französische Anwältin engagiert. Die Klage stütze sich vor allem auf den Aspekt der fehlenden Sicherheit bei Erdbeben. Nehme man die Stärke des Bebens von 1356, dann hielte der Reaktor nicht stand, befinde sich das Epizentrum direkt darunter.
Dem Tras gehören inzwischen 15 deutsche und Schweizer Gemeinden, 12 Organisationen und 50 Einzelmitglieder an. Bislang sind noch keine elsässischen Kommunen Mitglied. Jean Paul Lacôte, Mitglied in der Kontrollkommission von Fessenheim, erklärte, dass dies mit Geldzahlungen der EdF zu tun habe. Die Gemeinde Fessenheim erhalte pro Jahr 400 000 Euro, Rixheim, ein Vorort von Mulhouse 180 000 Euro. Sogar Kaysersberg, das von einem grünem Bürgermeister regiert werde, bekomme Geld von der EdF. Die Zahlungen würden, so der Vorwurf an die Firma EdF und die Gemeinden, als Gewerbesteuer deklariert.
Der Tras, so Rechsteiner, brauche vor allem Geld, um Prozess- und Expertisenkosten zu bestreiten. Die Verbandsaktivität richte sich aber nicht nur gegen den elsässischen Meiler, sondern auch gegen die Schweizer AKW entlang des Hoch rheins.
“Das Wachstum der erneuerbaren Energien ist gewaltig” , so der Schweizer. Fast 60 000 Megawatt Strom würden heute weltweit durch Windräder erzeugt. Die Zukunft liege vor allen in zentralen Offshore-Anlagen auf dem Meer. Noch seien fossile Brennstoffe billiger. Doch nicht mehr lange, angesichts der bald zu erwartenden Knappheit von Öl, Gas, Kohle und Uran. Sonne, Wind, Wasser und Biomasse verlören schon bald ihre Subventionsabhängigkeit. Eine Vollversorgung nur mit erneuerbaren Energien sei bald keine Utopie mehr.
Josef Pesch, Vorstandsmitglied des Bundesverbands Windenergie, stellte seine Branche als subventionsfreie und landschaftsverträgliche Form der Stromgewinnung heraus. Wer gegen Windräder im Schwarzwald sei, müsse Tornados wie jüngst im Münstertal in Kauf nehmen. Solche Phänomene seien Folge des Klimawandels, der durch den CO-Ausstoß hervorgerufen werde. Pechs Bilanz: Windenergie ist mit heute 60 000 Beschäftigten ein Jobmotor, ist in der Bevölkerung erwünscht, dank der führenden Position Deutschlands im Anlagenbau ein Exportschlager und beeinträchtige auch nicht den Tourismus. Gerade Baden-Württemberg sei “Windland” .
Joachim Kreuz, Obermeister der Innung Heizung/Sanitär Breisgau-Hochschwarzwald, berichtete, dass drei Viertel der Häuser der Region vor 1978 erbaut seien. In der Wärmedämmung und der Modernisierung von Heizungsanlagen für diese Häuser liege eine enorme Chance für das Handwerk. “Die Zukunft des Handwerks sind erneuerbare Energien” , so Kreuz. Sie eröffneten sogar die Chance, auf internationalen Märkten tätig zu werden. Ein Blockheizkraftwerk im Keller jedes Einfamilienhäuschens und es braucht keine Großkraftwerke mehr, waren sich in Hartheim Podium und Publikum einig.
Ob die SPD in Bund und Land am Atomausstieg festhalte, wurde Bayer gefragt. Europaabgeordnete der Partei hätten sich gegenteilig geäußert. Bayer ließ daran jedoch keinen Zweifel. Am Ausstieg werde nicht gerüttelt. Die Energiepolitik der SPD ruhe auf drei Säulen: auf den erneuerbaren Energien, auf mehr Energieeffizienz und auf Energieeinsparung.

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